< jottwee.de | Sprache - Schrift - Musik | Leben im Rhythmus |
gründerpreis 2010

„Wer hat’s erfunden?“ 

09 | 04 | 2010
Manche zweifelnde Leserin, mancher kritische Leser dieser Kolumne mag sich in den vergangenen Jahren ab und an erregt haben. Über den übersteigerten Lokalpatriotismus und kleinkommunalen Größenwahn, der diesen Zeilen scheinbar immer wieder innewohnt. Übel meinende Kritikaster unterstellen Teilen der Großauheimer Einwohnerschaft sowieso eine auffällige Bewusstseinstrübung, die sich in Einzelfällen gar zur Persönlichkeitsspaltung entwickelt haben soll. Ja, um Himmels Willen, ist das wirklich so?
Einerseits geben sich die Großauheimer seit je her aufgeschlossen und beweglich denkend. Es mangelt sicher nicht an großen Namen und Persönlichkeiten, an berühmten  Auheimer Frauen und Männern, hiesige Weltoffenheit und freies Sinnen unter Beweis zu stellen.
Andererseits jedoch verblüfft und verstört der scheinbar bedingungslose Heimatstolz vieler Großauheimer so manchen Aussenstehenden. Großauheim scheint den Eingeborenen fraglos der Nabel der Welt, das Zentrum des Universums zu sein.
Diese Zeiten sind natürlich vorbei, denn Großauheimer sind ja lernfähige Realisten. Während ihnen beispielsweise  noch vor einigen Hundert Jahren ein zivilisiertes Leben jenseits der Kinzig nicht vorstellbar war und der Horizont für sie hinter der Krotzenburger Straße endete, denken die Großauheimer heutzutage global und universal. Sie haben gelernt, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen und die Realitäten anzuerkennen. Nein, Großauheim ist nichts Besonderes. Nur ein unbedeutendes Stadtteilchen eines kleinen Oberzentrums am Rande der Rhein-Main-Metropolen. Kein Grund also, den irrelevanten Ort an dieser Stelle oder sonst wo immer wieder hochzujubeln. Großauheim ist schließlich nur eine kleine Welle im ewigen Strom des Mains. Der Weg zu dieser Erkenntnis war rau und beschwerlich. Doch tapfer lernten wir mit unserer relativen Bedeutungslosigkeit zu leben.
Aber dann: der Rückschlag. Eine simple Zeitungswerbung machte langjährige therapeutische Arbeit binnen Sekunden zunichte: Die Weltstadt Frankfurt bewarb überregional in Flyern und Gazetten aufwendig, groß und bunt ihren „Gründerpreis 2010“. An sich ein lobenswertes Unterfangen und kein Grund, in der Provinz aufzuschrecken. Doch bei genauerem Hinsehen blieb das geübte Auge des Großauheimer Betrachters am stilisierten Frankfurter Messeturm hängen. Super, diese tolle Idee mit den Bauklötzchen! Wow, diese gelungene, gelb-grün-rote Farbkombination! - Doch hat es so was nicht schon irgendwo gegeben?  Richtig. Na, wo wohl?
In den gleichen fröhlichen Farben bilden Mainbrücke- und Kirchturm-Bausteinchen das Logo des Gewerbevereins. Schon seit vielen Jahren zeitlos bunt und mit hohem Wiedererkennungswert. „Großauheim (er)lebenswert ...“ steht auf Baumwolltaschen, Einkaufsgutscheinen, im Internet. Anderswo würde nun die Stunde der kleinen Geister und Prozesshansel schlagen.
Doch ein Großauheimer steht hoch über den Dingen, ruht in sich und fühlt sich ganz tief in seinem Inneren bestätigt. Es ist ihm Anerkennung genug, dass die weite Welt da draußen den wahren Stellenwert Großauheims endlich erfasst hat und gebührend würdigt. Sei es auch nur durch Nachahmung. Denn, wie steht es geschrieben: „Von Großauheim lernen heißt siegen lernen“.
Also bitte, ihr Frankfurter, bedient euch ruhig weiter aus unserem Baukasten. Es soll euer Schaden nicht sein!

=> zurück zur auswahl

www.jottwee.de lokalamitäten. großauheimer kolumnen.